Daniela Caixeta Menezes

zurückkehren

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Der Bus nähert sich der Grenze, die schon lange keine mehr ist. Ohne jegliches Ritual und Wartezeit passieren wir den Übergang, fast unsichtbar; das aufwendige Prozedere von einst, das Verharren im Transit: längst vergessen, verdrängt aus den Köpfen der Touristen, die sich nunmehr um nichts zu kümmern brauchen, die glücklichen Europäer. Lediglich an den übergroßen metallenen Schildern, die den Verkehr auf dieser legendären Passstraße leiten, vollzieht sich ein Wechsel, blau weicht grün: Farbe als Signal, da rollen wir bereits über das neue Territorium.

Vor nicht allzu langer Zeit war das hier mein Zuhause. Nun kehre ich zurück, ohne die Absicht, lange zu bleiben, das Rückfahrtticket bereits gelöst. In weiser Voraussicht? So war es zu befürchten, bis zuletzt, weshalb ich schwitzend auf meinem Sitz kauere, als wir über diese, meine Schwelle rollen, obwohl die Klimaanlage bollert. Beklommen gebe ich mich dem Schwadronieren meines Geistes hin, hinter der Grenze - so geht die vorauseilende Erzählung an mich selbst - wird sie mich packen: die Wehmut, die Nostalgie, die Reue.

Die ersten Meter im Land, noch immer sitze ich da, schließe die Augen und lausche meinem Innersten, das mir plötzlich eigentümlich still vorkommt; das Herz fest in der Hand, eisern hab ich‘s mir vorgenommen. Es schlägt im Takt des Regens, der jetzt an die Fensterscheibe prasselt, mein Begrüßungskommando, alles wird zum Zeichen.

Doch mehr vernehme ich nicht, nichts als mein Herz und den Regen, wie eine Decke liegt Ruhe über mir, hüllt mich in Geborgenheit. Ungläubig blinzle ich, Silhouetten von Bäumen und Wolken und Bergen rauschen an mir vorbei, schön sieht die Landschaft aus, auch im Regen. Vorsichtshalber festige ich den Griff auf mein Herz, sicher ist sicher, nicht dass es mir davonspringt, auf und davon, mich hier zurücklässt. Das wär‘ gewiss der Supergau, wo doch dieses Kapitel zu Ende sein muss.

Doch, ein Wunder, das Herz bleibt an Ort und Stelle, da, wo es hingehört; ist dem Liebreiz des Wahrgenommenen nicht mehr hoffnungslos ausgeliefert, so ungestüm und ungezähmt die Liebe für dieses Fleckchen Erde auch sein mag. Nicht gleichgültig, nein: besonnen und gelassen, demütig und dankbar für das, was sein durfte.

Es ist okay.

Ich bin okay.

Wie schön, zurück zu sein. Auf Zeit.