Daniela Caixeta Menezes

Straßenprosa

Cover Image for Straßenprosa

Da sitzt er inmitten seines ungewohnten Publikums, sitzt und tippt, haut auf die metallenen Tasten der Schreibmaschine, bis die Fingerkuppen schmerzen. Jeder Buchstabe ein Klack, klack klack klack, macht es, unentwegt, am Ende einer jeden Zeile ertönt ein wusch, bevor darunter die nächste beginnt.

Sie schweigen nicht, die Zuschauer, die gleichzeitig Autoren sind, warum sollten sie auch – jetzt, wo sie erzählen können, was sie bewegt, wo man ihnen Gehör schenkt.

Endlich, endlich dürfen wir sprechen, sind eingeladen, zu berichten, was wir sehen, tagein tagaus. Und was wir nicht alles sehen, das glaub mir mal, ein Tag ist lang, die Nacht noch länger. Doch die Dunkelheit ist nicht, was wir fürchten, längst sind wir daran gewöhnt, haben gelernt, uns anzupassen, nein, das Dunkle ängstigt uns nicht. Es ist der Tag, der uns verzweifeln lässt, denn in der Helligkeit kommt alles ans Licht, nichts bleibt im Verborgenen, nichts lässt sich verstecken.

Die Augen, ein beredter Blick, hinter ihm warten viele, jeder möchte erzählen, jeder hat eine Geschichte für ihn, der da inmitten seines Publikums sitzt, ihnen zuhört, schreibt.

Über ihr Leben sprechen sie und er schreibt mit, so schnell er kann, nur manchmal verheddert er sich oder die alte Schreibmaschine klemmt. Moment, Moment, bittet er dann, nur einen kurzen Moment, und fühlt sich nicht wohl dabei, den Menschen zu unterbrechen, der da erzählend vor ihm steht, die Augen wach und leuchtend.

Klack klack, wusch wusch, die behäbige Dame ist repariert, weiter kann’s gehen, wo waren wir stehen geblieben?

Vom Leben, ich habe vom Leben gesprochen, sagt der Mann mit den wissenden Augen, über der Schulter ein zerschlissener Beutel. Vom ewig kalten Leben, selbst im Sommer, sie kriecht dir in die Kleider, diese Art der Kälte: die Kälte der Menschen. Verdrängt, verscheucht, mit Ignoranz bestraft, kein Ort zum Aufwärmen, Verweilen, Leben.

Was bleibt da noch?, ruft eine junge Frau, zuckt mit den Achseln, als ginge sie all das nichts an, als wäre es nicht ihre Welt, von der hier die Rede ist. Geduldig wartet auch sie, auch sie will erzählen, ihr Blick: resigniert, sie wartet und ahnt doch: ihre Geschichte erreicht die Richtigen nicht.

Nein, ihn trifft keine Schuld, ihn, der hier sitzt in ihrer Mitte und eifrig tippt, der Künstler, Zuhörer, Vermittler zwischen unserer und deren fremder Welt. Er tut und versucht, was er kann, doch andere, die tun nichts, obwohl sie könnten. Was also bleibt da noch, außer zu erzählen: vom Leben auf der Straße.