Daniela Caixeta Menezes

rendezvous

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Die Farbe rinnt am Pinsel herunter, tropft aufs Papier, platsch macht es, einmal, zweimal, die dunklen Tropfen laufen zusammen, sammeln sich, bilden eine rote Lache. Wie Blut, ein Schandfleck auf dem ansonsten unberührten schneeweißen Untergrund, so beginnt das Assoziieren; und überhaupt: malen? ich?, es ist nicht leicht, den Kopf auszuschalten, nicht mal jetzt.

Aller Anfang ist schwer, doch jetzt ist er gemacht, der Knoten geplatzt, ab diesem Moment wird alles leichter. Nutz den Aufwind, führ’ die Hand zum Papier, setz’ den Pinsel auf, sollen die dicken Borsten doch eintauchen in die blutrote Pfütze, sie verwischen, nur Striche und Linien, schlangenförmige Linien bleiben am Ende zurück.

Das Gedankenkarussell im Kopf dreht sich weiter, Einkaufslisten, Erinnerungen, gute wie weniger gute, Überlegungen zur eigenen Existenz, Nichtiges und Wichtiges schiebt und drängt, fliegt vorbei, ist im nächsten Moment wieder verschwunden, vergangen, alles ist vergänglich.

Die Hand malt, malt gegen die Vergänglichkeit an, rote Linien, Streifen, Bögen: jeder Pinselstrich ein neuer Weg. Bald wächst das Vertrauen in das eigene Tun, die Hand greift nach weiteren Tuben, spritzt ein Sonnengelb auf das blutrot gesprenkelte Papier, in der Mitte des Blattes: eine Symbiose aus rot und gelb, langsam rinnen die Farben aufeinander zu, vereinen sich, Neues entsteht.

Wie fühlt sich das an, hier zu stehen, das ungewohnte Werkzeug zwischen den Fingern, das eigene Schaffen im Blick? Erleichtert und auch ein wenig stolz, den Versuch gewagt, die Zeit genommen, die schlummernden Geister, die der Künste, in mir geweckt zu haben? Wer sie einmal ruft, dem kommen sie nicht mehr abhanden, vorbei die Zeit des Dornröschenschlafes; entfacht sind sie, bieten ihre Dienste an, und das Repertoire ist riesig – malen, schreiben, musizieren oder einfach nur sitzen und denken.

Die Kunst der Wahl? Spielt keine Rolle, ihr, wir alle: Kreative, wie sie im Buche stehen. Hauptsache kostbare Momente, verbracht mit dir, dem wichtigsten Menschen in deinem Leben, hier und jetzt, ganz unmittelbar, eine Verabredung, nur mit dir. Rendezvous, stellt einander vor, trefft euch: du und dein inneres Ich, Spiegelbild deiner Seele.

Rendez vous, rendez vous!