Daniela Caixeta Menezes

Regen

Cover Image for Regen

Dumpf ist es im Kopf, Zufall oder unergründliche Linearität?, alles erscheint gleichförmig, wenn es regnet.

Es hämmert, es klopft, prasselt und trieft, dicht und stark, fein und seicht, in Tropfen, als Hagel, von Sturm begleitet. Engel, die weinen, erzählte man früher den Kindern und die glaubten es, stellten sich vor, wie gelockte, mit goldenen Flügeln bestückte zarte Wesen zwischen den Wolken sitzen und Tränen vergießen: Regen als himmlischer Anfall von Traurigkeit.

Fast jede Region hat einen typischen Ausdruck, eine besondere Bezeichnung für die Art und Weise des Regens; Landregen heißt er hier, nicht mehr als ein gleichmäßig feines Sprühen und doch genug, die Welt in Windeseile einzunässen. Wie eine zweite Haut legt er sich auf Menschen und Dinge, schmiegt sich an, dringt ein in Kleider und Stoffe, seine Stärke ist die Ausdauer, die Penetranz, mit der er sich Land und Leute einverleibt.

Zudem so wandelbar, gar ohne Vergleich: kühlt, wenn er auf verdorrende Böden und erhitzte Gemüter trifft, kommt er nicht genau zur rechten Zeit?; doch schon bald lässt er uns zittern, verbrüdert sich mit klirrend kalter Luft, Halbgefrorenes zum Frühstück, welch abgekartetes Spiel!

Wie wir ihn wahrnehmen, liegt im Auge des Betrachters; gibt es etwas Gemütlicheres?, frohlocken die einen, sitzen am offenen Fenster, manche zieht es gar nach draußen, jetzt erst recht, in voller Montur flanieren sie durch die Nässe, Rinnsale auf den Fensterscheiben, von Büschen und Bäumen tropft die Frische.

In den Häusern der Großstadt wird meditiert zum gleichmäßigen Rauschen – tiefe Reinigung innen wie außen, Katharsis, zurück zum Ursprung, weil es ohne nicht geht: das Element Wasser als höchstes aller Güter.

Andere können dem nassen Treiben nur wenig abgewinnen, wer braucht schon Regen, um zu entspannen, klagen sie und verfluchen die Meteorologie, die gestanzte Worte wählt, um das Unausweichliche vorherzusagen: Präzipitation. Niederschlag.

Zeitgleich verkündet das Radio: das heißeste Jahr seit Aufzeichnung, Dürre, vergeudet nicht diese kostbare Ressource, spart Wasser, wo ihr könnt. Vor dem eigenen Fenster liegt die Stadt begraben unter einem erdrückend grauen Himmel, kein Licht dringt durch die Wolkendecke, jeden Moment geht es wieder los: Regen ohne Unterlass, von Trockenheit keine Spur.

Andernorts: Bäume und Wiesen vertrocknen, Äcker werden zu Brachen, bleiben unbestellt, Flüsse versickern und Seen verschwinden – Bilder aus der Ferne erzählen davon und warnen, jeder Form von Mangel vorzubeugen. Und diese Ferne, sie rückt immer näher.

Zwei Seiten derselben Medaille in dieser klimabewegten, wetterextremen Zeit. Weinende Engel, die zur Mahnung werden.