Daniela Caixeta Menezes

ordnen

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Ordnung schaffen, Ordnung wahren, aufräumen, wegräumen, aus dem Weg räumen. Ordnen. Alles in Ordnung bringen, wie verordnet, angeordnet, von Eltern, Ärztinnen, dem Chef. Bis alles in Ordnung ist, in geordneten Bahnen verläuft, oder so ähnlich.

Ordnung ist das halbe Leben, auch das wahre? Wer ohne Ordnung lebt, lebt, vergeudet keine Zeit mit dem Ordnen von Dingen, die womöglich noch von Wert sein könnten, doch nun der Ordnungsmacherei zum Opfer gefallen sind.

Hüte sich, wer kann, vor der ordnenden Hand, unsentimental und rigoros wie sie ist, greift sie alles, was ihr in die Quere kommt, ordnet, ohne dabei besonders ordentlich zu sein – wo gehobelt wird, da fallen eben Späne.

Die unordentliche Ordnung, welch Paradox, doch sie schert sich nicht drum, hat nur sich selbst im Sinn, die Ordnung. Wo sie wütet, riecht es nach Chaos, für den Bruchteil eines Augenblicks; nichts liebt sie mehr als die Provokation, aus der sie emporsteigt wie ein Phönix aus der Asche, als die Totgesagte, die zu unserer Rettung eilt: Ordnung ist das halbe Leben, ich bin Leben, verkündet sie, befreie euch vom Kladderadatsch, vom Zuviel, vom Durcheinander, mache den Weg frei.

Wirklich kein leichter Job, tauschen möchte man sicherlich nicht mit der paradoxen Märtyrerin, die nun – alle Viere von sich streckend – in den Seilen hängt, ordentlich k.o., aber zufrieden mit dem vollbrachten Werk: Ordnung, so weit das Auge reicht, jetzt wäre doch der richtige Moment, um innezuhalten, sich zur Ruhe zu setzen, wo doch die Welt geordnet ist.

Doch sie denkt gar nicht daran, kriegt den Hals niemals voll, der Erfolg ist ihr zu Kopf gestiegen, im nächsten Augenblick zieht sie von dannen, auf zu neuen Taten.

Wer ruft ihr nach, will sie zum Bleiben bewegen?, wo sie nicht recht passen will in diese Welt, die sich nicht ordnen lässt, in der sie sich nicht verordnen lässt, die Ordnung – jeder Fetischisierung zum Trotz. Denn der Mensch kann sie nicht bezwingen, ihre Rivalin: die Unordnung, die wahrhaftig Unordentliche, widerspenstig hält sie sich an jedem noch so durchorganisierten Ort. Wer ohne Ordnung lebt, lebt, vergeudet keine Zeit, raunt sie uns zu, während wir räumen und ordnen, ach verflixt nochmal, Ordnung ist nur das halbe Leben.