mutigsein
Der Mann, der sich auflehnt gegen den Diktator, niemals aufgibt und am Ende gar sein Leben lässt. Ein Held, geht es einem dabei durch den Kopf, dieses abgedroschene, große Wort aus einer längst überwunden geglaubten Zeit. Zurück lässt er Frau und Kinder, auch sie zum Ungehorsam bereit, schon allein für diesen heldenhaften Mann – sein Tod soll nicht umsonst gewesen sein. Laut und entschlossen sprechen sie aus, worüber die Mehrheit schweigt in diesem Land, eingeschüchtert, entmutigt, auf Linie gebracht?
Dieses Land, ihr Land, das sie nicht wiedererkennen. Höchstens wird geflüstert, hinter vorgehaltener Hand, im Privaten, längst aber bleibt es still auf den Straßen, der Aufschrei aus, es herrscht trügerische Ruhe. Zu groß die Angst vor Repressionen eines Autokraten und seines Staatsapparates, der selbst das Niederlegen von Blumen für den gefallenen Helden drakonisch bestraft.
Der Held, der kein Held sein darf, das Gedenken an ihn soll ausgelöscht werden wie sein erst halb gelebtes Leben. Rest in peace: gefährliche Worte in einem Land, in dem nicht von Frieden die Rede sein darf, wo es doch dort draußen vor Feinden nur so wimmelt und denen im Innern systematisch das Wort ab- und die Kehle durchgeschnitten wird, zumindest im übertragenen Sinne.
Was geht da vor?, fragt man sich, wo sind die Menschen hin, die ganz gewöhnlichen Menschen, wo das letzte bisschen Menschlichkeit anhand der verstörenden Berichte? Berichte von Folter und Terror und Erniedrigung, geteilt von den wenigen, die sich noch trauen, weil sie es als ihre Pflicht ansehen, sich zu trauen – wo es doch sonst niemand tut.
Sie schweigen, die ganz gewöhnlichen Menschen, ruhig gestellt durch Propaganda, beruhigt mit vermeintlich süßen Pillen: Privilegien und Komfort in ansonsten schwierigen Zeiten. Schnell zeigt man mit dem Finger, schüttelt den Kopf, maßt sich allerlei vorurteilsbehaftete Meinungen an. Wie nur könnt ihr das ertragen?, will man sie fragen, berührt euch das Schicksal dieses Mannes nicht, eines Helden, macht das denn gar nichts mit euch?
Doch es spricht sich leicht von Heldentum, wenn das eigene Leben nicht in ständiger Gefahr, wenn der nächste Schritt nicht zugleich der falsche, verheerende sein könnte.
Wie lange währt er, der eigene Mut?, fragt man sich, und die Geschichte kennt die Antwort bereits.
Wer mutig ist, der werfe den ersten Stein, lege den ersten Blumenkranz nieder, öffne den Mund zum Widerspruch – in der Hoffnung, nicht zu enden wie dieser Mann: unser Held.