ewiggestrig
Unser Kopf, er ist ein Ewiggestriger. Hängt Vergangenem nach, als hinge sein Leben davon ab. Krallt sich fest an das, was einmal war, mit allem, was er hat.
Stur und manisch spielt er ein und dieselbe Platte, spult ab den immergleichen Film, schert sich nicht um Sprünge oder Kratzer – die Gleichförmigkeit ist, was zählt. Bloß nichts Neues auflegen, mit unbekannten Tönen, mit Höhen und Tiefen, auf die er, unser Kopf, nicht vorbereitet ist.
Dumpf wummert der Bass, tausendundeinmal gehört, läuft der Streifen, kein Wohlfühlwerk, doch darum geht es ja auch nicht: Hauptsache gleich gleich gleich, immerzu das Gleiche.
Ich bin doch … ich kann aber nicht … ich muss zuerst … das ist eben so …
Narrative, einmal für uns gesponnen, um uns zu beschützen; kleine Geschichten, die es in sich haben: sie tragen die Bretter, die unsere Welt bedeuten. Sind unveränderbar, unverrückbar, starr und unbiegsam, morsch hier und da, doch faulen sie noch lange nicht. Es sind langlebige Hölzer, ihre Spitzen ragen in die Höhe, spießen uns auf, halten uns auf ewig dort: an unserem angestammten Platz.
Unser Kopf, dieser vermaledeite Teil von uns, diktiert uns, wer wir sind, was wir mögen, können, zu wollen und zu wagen haben.
Vermeintlich.
Allerlei Verkrustetes, es hat sich eingenistet zwischen den Synapsen, räkelt und streckt sich, könnt’ sich wohler nicht fühlen – dort, wo es nichts zu befürchten hat, inmitten unseres ewiggestrigen Kopfes.
Vermeintlich.
Bis wir uns hinaustrauen, hinaus in die Wilden Weiten, dorthin, wo der Sturm des Neuen wütet, unseren Kopf verdreht, hineinpustet, was unerhört, ungesehen geblieben ist, bis heute.
Adieu, sagen wir, ausgedient habt ihr, ihr Phantome des Gestern. Jaja, gut habt ihr’s gemeint, habt uns beschützt, in Watte gepackt, uns nie zu viel zugemutet. Und doch seid ihr ärgerliche Hindernisse, steht uns im Weg, trennt uns von dem, was sein könnte, was längst hätte sein können, hätten wir uns doch nur getraut. Wir brauchen keine Ode ans Gestern, nichts, was uns einlullt, uns vorgaukelt, dass schon alles in bester Ordnung ist, weil alles ist, wie es immer ist, wie es immer war, immer sein wird.
Hisst die Segel, sie sollen uns geleiten, ins Morgen, ins Offene. Das Ewiggestrige ist unser Rückenwind.