Daniela Caixeta Menezes

Ein Clownsleben

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Wann ist ein Clown ein Clown?, fragt er sich und das nicht zum ersten Mal. Hunderttausendfach hat er sich diese Frage gestellt, sich den Kopf zerbrochen, bis sein Kopf mehr schmerzte, als er es wohl jemals täte, wäre er tatsächlich zerbrochen.

Was macht den Clown zum Clown?, fragt er sich, während er sich in das enge Kostüm mit dem eingesetzten dicken Hintern schält. Er lacht, weil das ein Clown eben macht: lachen und feixen und Grimassen schneiden, jawoll, das macht der Clown, so kennt man einen Clown.

Dabei ist ihm gar nicht zum Lachen zumute, unserem Clown. Viel lieber würde er sich verkriechen, anstatt Grimassen zu schneiden und zu lachen und sich in dieses alberne Kostüm zu zwängen. Wie ein Kondom fühlt es sich an, er kriegt kaum Luft unter all dem Plastik, es zwickt und zwackt und stinkt, nach Schweiß und faulen Eiern, weiß der Herrgott, warum.

Die Tür geht auf, zwei Minuten noch, verkündet eine Stimme, und am liebsten würde er sie anbrüllen, die Stimme, Ruhe soll sie geben, ein für alle Male.

Doch er tut es nie, wird es auch heute nicht tun, er muss auf die Bühne, schließlich ist er ein Clown und das ist es, was Clowns nun einmal tun: auf Bühnen Grimassen schneiden und lachen und feixen. Was sollte er auch sonst tun in und mit diesem Leben, er ist zum Grimassenschneiden verdammt bis in alle Ewigkeit.

Seine Hände zittern, fühlen sich feucht und klebrig an, tasten nach den Dosen und Tuben auf dem Tisch. Schminken muss sich der Clown, weißes Gesicht, dicke rote Lippen, bis er jedes menschliche Antlitz verliert. Plötzlich kommt er sich falsch vor, falsch im eigenen Körper, im eigenen Leben, das aber ja im Grunde gar kein richtiges wäre, wäre er kein Clown.

Das Zittern wird stärker, breitet sich auf alle Gliedmaßen aus, bald kann er es nicht mehr kontrollieren. Ein wildes Gemisch aus Gefühlen steigt in ihm auf, schnürt ihm die Kehle zu, bis er nicht mehr an sich halten kann. Mit weit ausholendem Schwung seines Arms fegt er die Dosen und Tuben vom Tisch, die Wut steckt jetzt in seinem Halse fest, er kann nicht atmen, nicht schlucken, holt ein weiteres Mal aus, wie von selbst. Ein lautes Klirren, als der Spiegel in tausende Splitter zerbricht.

Dann: Stille.

Sein Körper: ganz ruhig.

Die Tür öffnet sich erneut, wieder ertönt die Stimme, verkündet, dass es Zeit sei. Der Clown ist bereit, er steht auf, sein Puls wieder gleichmäßig. Langsamen Schrittes folgt er der Stimme, tritt auf die Bühne, tritt vor sein Publikum, hört, wie es buht, jemand ruft etwas, doch der Clown hört es nicht. Er ist ganz ruhig, ruhig und still.

Und er lächelt, lächelt zum ersten Mal in diesem, seinen Clowns-Leben.